Herzlich Willkommen!
Stephanie Rapp ist Schriftstellerin, Lektorin und Lehrerin. Eines Abends schaltete sie mitten im Film den Fernseher aus, setzte sich an den Computer und beschloss mit einem Augenzwinkern, das erste Kapitel der schönsten Liebesgeschichte aller Zeiten zu schreiben. Nach fünf Jahren, in denen sie zwei Kinder bekam und als Jugendleiterin arbeitete, war das letzte Kapitel fertig.
Nach ihrem Magister-Studium der Anglistik und Erziehungswissenschaft arbeitete Stephanie Rapp als Assistentin an der Uni und leitete eine christliche Studentengruppe. Mittlerweile arbeitet Stephanie Rapp als Lektorin für Verlage und Firmen und bringt Schülern Englisch bei. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Lörrach.
Fragen und Antworten
Wie kamen Sie zum Schreiben?
Zum Schreiben kam ich aus einer Laune heraus. Nach meiner Magisterarbeit in Linguistik hatte ich erst einmal genug von Texten und las ein paar Monate nichts mehr. Stattdessen sah ich mir zur Entspannung lieber Filme an. Oft fand ich das aber unbefriedigend. Ich spann die Handlung im Kopf weiter und überlegte mir, wie man die Geschichte auch anders hätte erzählen können. Eines Tages schaltete ich mitten im Film den Fernseher aus, setzte mich an den Computer und begann mein erstes Manuskript. Immer wieder arbeitete ich daran, in großen Abständen, über Jahre hinweg. Ich schrieb einfach nur zur Entspannung, ohne einen Gedanken an eine Veröffentlichung.
Was bereitet Ihnen am Schreiben am meisten Freude?
Das Recherchieren. Und das Hineinversetzen in die Figuren. Beim Schreiben beschäftige ich mich so intensiv mit den Figuren, dass sie mir fast zu Freunden werden. Witzigerweise habe ich zum Beispiel die Figur des Peter Schöffer richtiggehend vermisst, nachdem ich das Manuskript abgegeben hatte. Auf einer Tour durch Straßburg, die ich zufällig kurz darauf unternahm, dachte ich beim Anblick der mittelalterlichen Fachwerkhäuser und Gassen: So hätte sein Haus aussehen können. Er war mir immer noch nahe.
Wie recherchieren Sie?
Ich frage mich beim Recherchieren, wie die Menschen damals tickten. Warum verlässt jemand freiwillig seine Heimat – wie damals die Menschen in Irland? Was bedeuteten Standesschranken konkret? Stellte man mit jemandem, der aus einer niedrigeren Klasse stammte, Blickkontakt her oder ging man einfach an ihm vorbei? Und warum zogen Bauern im sechzehnten Jahrhundert – ausgestattet lediglich mit Mistgabeln – in einen Kampf gegen ein gut ausgerüstetes Heer? Ihren Handlungen musste ja eine ungeheure Not zugrunde liegen. Oder extremer Trotz und neu gefundener Stolz.
Als ich für Die Gehilfin des Buchdruckers recherchierte, war mir wichtig herauszuarbeiten, was die bedrückende Frömmigkeit damals konkret für den Einzelnen bedeutete. Was mussten die Menschen damals alles vollbringen, um in den Himmel zu kommen? Und welche Ängste hatten sie, nicht dahin zu kommen? Das war mein Einstiegspunkt. Ich habe mir wissenschaftliche Literatur beschafft, auch über Fernleihe, habe Bücher durchgeackert, fuhr nach Böblingen ins Bauernkriegsmuseum und machte in Heidelberg eine historische Stadtführung mit, inklusive Kostümvorführung mit einer verkleideten Henkerstochter.
Welche Gedanken über die Menschen im Spätmittelalter gingen Ihnen beim Schreiben von „Die Gehilfin des Buchdruckers“ durch den Kopf?
Ich versuche mich immer in meine Figuren hineinzuversetzen. Dabei wurde mir zum ersten Mal klar, was für einer psychischen Belastung die Menschen damals ausgesetzt waren. Das Leben war so unsicher, dass die Menschen morgens nicht wussten, ob sie am Abend noch am Leben sein würden. Gleichzeitig war es für die Menschen eine Tatsache, dass sie nach ihrem Tod für jede ungebeichtete und ungebüßte Sünde im Fegefeuer schmoren würden. Wenn man zum Beispiel gelogen hatte, musste man als Bußwerk zusätzlich zur Beichte täglich zweihundert Ave Marias beten, fünfzehn Psalter abwechselnd mit je einem Vater-Unser. Vier Wochen lang. Aber die Menschen hatten keine Zeit für komplizierte Bußübungen. Das Feuer, das sie deshalb nach dem Tod erwartete, stand ihnen stets vor Augen. Was für eine Hoffnungslosigkeit! Beim Schreiben fragte ich mich deshalb, wie viele Menschen im Spätmittelalter wohl depressiv waren. Und dann kam der Befreiungsschlag, die Erkenntnis der Reformatoren: Allein durch Gnade, allein durch Glaube, allein durch Jesus sind wir gerettet. Das veränderte alles. Nicht nur die Gesellschaft und die Theologie, auch das Leben eines Einzelnen.
Möchten Sie durch Ihre Bücher auch eine Botschaft vermitteln?
Mein Glaube an den Gott der Bibel ist mehr sehr wichtig. Ich möchte gerne Mut machen, sich auf das Abenteuer einer Beziehung mit Gott einzulassen. Darüber hinaus hat jedes Buch einen eigenen Schwerpunkt.
In Ungeschminkt in London habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, warum wir uns von Menschen, die wir nicht einmal persönlich kennen, ein Bild machen – das sowieso meistens falsch und unfair ist. Wie wäre es, wenn wir unvoreingenommen an die Menschen herangingen?
In Die Gehilfin des Buchdruckers wollte ich gerne aus einer ungewöhnlichen Perspektive beschreiben, was Gnade im Spätmittelalter bedeutete und was für ein Befreiungsschlag die Reformation war. Eigentlich hätte ich das Buch gerne Die unvollkommene Braut genannt, weil es darin zwei Liebesgeschichten gibt, die als Bild gedacht sind. Schöffer nimmt Lena trotz ihrer Schuld zur Frau, Lisbeth liebt Lucas ungeachtet seiner Vergangenheit. So ist es auch mit Gott und uns: Gott nimmt uns, wie wir sind, mit unserer Schuld und Vergangenheit, allein aus Gnade. Luther hat das so schön auf den Punkt gebracht mit den Worten: „… da der reiche, edle, fromme Bräutigam Christus das arme, verachtete, böse Mädchen zur Ehe nimmt und sie entledigt von allem Übel, zieret mit allen Gütern. So ist es nicht möglich, dass die Sünden sie verdammen, denn sie liegen nun auf Christus und sind in ihm verschlungen.“
In „Als der Himmel zerriss“ beschäftige ich mich mit dem unnötigen Streit zwischen den Konfessionen. Wie oft denken wir, dass allein unsere Gruppe mit Weisheit gesegnet ist. Ich möchte gerne bewusst machen, dass es nicht auf die Identifikation mit einer bestimmten Kultur ankommt, um mit Gott im Reinen zu sein, sondern allein auf eine Beziehung mit Jesus. Das war ja auch eine Aussage der Reformation: Allein durch Jesus sind wir gerettet. Da schließt sich der Kreis zu Die Gehilfin des Buchdruckers wieder.